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Geschichte in Geschichten - Kamenzer schenkt Nachlass

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Der Kamenzer Günter Kern könnte einen Roman schreiben. Könnte er. Aber das hat er lieber Lukas Rietzschel überlassen. In dessen Roman „Raumfahrer“ taucht ein mysteriöser „Herr Kern“ auf. Er übergibt einem jungen Mann eine Schachtel mit Dokumenten.  Heute Vormittag kreuzte Herr Kern leibhaftig  im Kreisarchiv in Kamenz auf – mit drei Aktenordnern, einem Ausschnitt aus seiner Lebensgeschichte.

Das Kreisarchiv bekommt einen Schatz geschenkt.  Kern, Bruder des weltberühmten Malers Georg Baselitz, stellt den Nachlass seiner Familie und seinen Nachlass zur Verfügung. „Über zwei laufende Aktenmeter, rund 25 Aktenordner“, schätzt Archivar Martin Knopp. Es sind  Aufzeichnungen, Fotos, Briefe, Zeitungen, seine Stasi-Akte. Heute wurde der Schenkungsvertrag unterzeichnet.

100 Jahre Familiengeschichte im Spiegel der Zeit

Kern, 80 Jahre alt, kann viele kleine Geschichten erzählen, in denen sich Geschichte spiegelt Er wollte studieren, durfte aber nicht. 1961 geriet er ins Visier der Stasi, er wurde abgehört. Prägend für ihn war der Prager Frühling 1968 und die Niederschlagung der Demokratiebewegung durch sowjetische Panzer. „Ich habe die Demonstrationen erlebt und zum ersten Mal Freiheit gespürt.“ Im Wendeherbst 1989 erfüllte sich sein Wunsch nach Freiheit. Kern wurde  Chef einer Kommission zur Aufklärung von  Amtsmissbrauch und Korruption, zählte zu den Gründungsmitgliedern der SPD in seiner Heimatstadt, war Kreisrat und Dezernent im Landratsamt.

Nachlass einsehbar - bis auf eine Ausnahme

„Die Unterlagen werden es uns ermöglichen, die Geschichte aus einem neuen Blickwinkel zu überliefern“, so Archivar Martin Knopp. Kerns Lebensgeschichte sei in gewisser Weise symptomatisch für die Zeit in der DDR. Die Dokumente sollen für Interessierte einsehbar sein, bis auf eine Ausnahme. „Persönliche Briefe werden nicht veröffentlicht, solange wir leben“, so Kern. Er meint sich und seinen Bruder, den Maler.

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Reporter Knut-Michael Kunoth