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Radweg am Hauptbahnhof: Stadtrat nicht zuständig

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Nachdem im Stadtrat zuletzt heiß über die Fahrspurreduzierung vor dem Hauptbahnhof diskutiert wurde, will man sich dem Thema im Neuen Rathaus noch einmal genauer widmen. Bei der nächsten Stadtratssitzung im Mai soll es eine verkehrspolitische Stunde geben, bei der alle Fraktionen die Möglichkeit bekommen, sich zu äußern. Die Debatte vor einer Woche hätte gezeigt, dass beim Thema Mobilität die Vorstellungen aufeinanderprallen, so Oberbürgermeister Burkhard Jung. 

Bei der Diskussion am 19. April hatten die Fraktionen Baubürgermeister Dienberg ins Kreuzfeuer genommen und die mangelnde Kommunikation bei dem Vorhaben kritisiert. Die Stadt hielt dagegen, es handle sich um eine straßenverkehrsrechtliche Anordnung. Der Stadtrat sei dabei nicht zuständig. Oberbürgermeister Burkhard Jung machte in der Diskussion deutlich: „Ich finde es nicht normal, dass wir eine vierspurige Autobahn vor dem Hauptbahnhof haben.“ Das Projekt werde nicht gestoppt, so Jung weiter. Die vier Autospuren vor dem Bahnhof wurden auf zwei reduziert. Auf der rechten Spur entsteht ein Radweg.

Die Stadt will mit der Neustrukturierung den Unfallschwerpunkt am Hauptbahnhof entschärfen. Für Autofahrer sind deswegen zwei von vier Spuren gekürzt worden. Von der Brandenburger Straße bis zur Kurt-Schumacher-Straße wird der Ring nur noch zweispurig geführt. Die rechte Spur wird der neue Radstreifen, die mittlere zum Ein- und Abbiegestreifen u. a. zum Bahnhofsvorplatz. Auf der mittleren Spur sollen zudem Verkehrsinseln aufgebaut werden. Die Kosten für die Markierungen des ersten Abschnitts belaufen sich auf 35.000 Euro. 

Die Stadt begründet ihre Entscheidung damit, dass vor dem Hauptbahnhof in den letzten drei Jahren 24 Unfälle passiert sind. Hauptursachen waren u. a. Spurwechsel über bis zu drei Spuren und Konflikte zwischen Radfahrern und Fußgängern. Mit der Umgestaltung soll der Bereich für alle Verkehrsteilnehmer sicherer werden. 

Die Stadt rechnet nicht damit, dass es durch die Reduzierung zu Staus für die Autofahrer kommt. Um das zu verhindern, werden die Ampelschaltungen umgestellt. Autofahrer sollen dann getrennt von der Brandenburger Straße und dem Georgiring einfahren können. Bis Ende des Jahres werden die Markierungsarbeiten fortgeführt - von der Kurt-Schumacher- bis zur Löhrstraße fallen dann ebenfalls zwei Spuren zu Gunsten des Radverkehrs weg. Die Arbeiten sind aber noch in der Planung. 

Kritik kommt u. a. von der Handwerkskammer. Hauptgeschäftsführer Volker Lux ist empört, dass die Entscheidung so kurzfristig kommuniziert wurde. Die Stadt hatte zu kurzfristig über die Neustrukturierung informiert. So konnten die Betriebe nicht rechtzeitig darauf vorbereitet werden, dass die wichtige Verkehrsader B 87 eingeschränkt wird. Lux glaubt nicht, dass die Änderung der Verkehrsführung keine Staus zur Folge haben wird. Für die Betriebe würde das bedeuten, dass Handwerker mehr Zeit im Auto verbringen müssen. Die dabei entstehenden Kosten müssten dann wieder auf die Kunden umgelegt werden. Zudem erwartet er, dass vor der Einfahrt zur Gerberstraße ein neuer Unfallschwerpunkt geschaffen wird, da abbiegende Autofahrer über die Radspur fahren müssen. 

Baubürgermeister Thomas Dienberg musste sich bereits vor Beginn der Bauarbeiten heftiger Kritik aussetzen. Bei einem Pressetermin vor Ort zeigte ihm laut unserer Reporterin ein Autofahrer den Mittelfinger, eine Radfahrerin stieg ab und beschwerte sich. Kritik gibt es auch an der Bergündung, dass mit der Maßnahme der Unfallschwerpunkt entschärft werden soll. Bürger stellen sich die Frage, ob es sich bei 24 Unfällen in drei Jahren um einen Unfallschwerpunkt handelt. Dienberg hielt dagegen. Den Unfallschwerpunkt habe nicht die Stadt festgelegt, er sei durch Kontrollen der Unfallkommission entstanden und könne nur durch bauliche Maßnahmen entschärft werden. 

Auch eine Petition stellte sich bereits gegen die Umstrukturierung. Die Initiatoren wollen Oberbürgermeister Burkhard Jung und den Stadtrat beauftragen, die Neugestaltung zu stoppen. Diese hätte nur noch mehr Staus zur Folge. Zudem werfen die Initiatoren der Stadt einen Alleingang vor. Weder der Stadtrat, noch die Bürger seien in die Entscheidung eingebunden worden. Stattdessen hätte es ein Konzept gebraucht, das von allen Akteuren erarbeitet wurde. Bisher haben mehr als 23.000 Menschen die Petition unterschrieben. 

Der Stadtrat hatte durchaus das Thema „Radweg vor dem Hauptbahnhof“ auf dem Tisch. Allerdings wurde letzten Herbst lediglich eine Petition von Felix Winter beschlossen, welche den Oberbürgermeister aufgefordert hat, die Neuordnung des Radverkehrs vor dem Hauptbahnhof zu prüfen. Jüngst hat sich jetzt die FDP noch einmal zu dem Fall geäußert. Die Fraktion schreibt, dass die Prüfergebnisse offenbar niemand gesehen habe. 

Zuletzt hat sich auch die Grünen-Fraktion geäußert. Für sie ist die Neuordnung des Verkehrs ein notwendiger Schritt, um die Situation vor dem Hauptbahnhof zu entschärfen - vor allem mit Hinblick auf das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Bautzen von 2018, das einen Radweg auf dem Ring vorschreibt. 

Audio:

Michael Jana, Verkehrsamtsleiter zu den geplanten Änderungen:
Volker Lux, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer mit Kritik:
Oberbürgermeister Burkhard Jung im Stadtrat über das Projekt